Fake-News nach 1945?
Preußen wird in der heutigen Zeit häufig als Symbol für Militarismus, Autoritarismus und Hierarchie dargestellt. Dieser Ruf ist nicht zuletzt eine Folge der Geschichtsschreibung nach dem Zweiten Weltkrieg, die oft versucht, eine Verbindung zwischen dem preußischen Staat und der nationalsozialistischen Diktatur zu ziehen. Diese Perspektive ist jedoch ein grober historischer Irrtum, der der tatsächlichen Rolle Preußens in der europäischen Geschichte nicht gerecht wird.
Preußens Ursprung und Werte
Preußen entwickelte sich im 17. und 18. Jahrhundert als ein moderner, aufgeklärter Staat. Friedrich II., bekannt als Friedrich der Große, steht beispielhaft für die aufklärerischen Ideale, die Preußen prägten. Unter seiner Herrschaft förderte Preußen nicht nur Toleranz, sondern auch Bildung, wirtschaftliche Entwicklung und Rechtsstaatlichkeit. Friedrich der Große sah sich selbst als „ersten Diener des Staates“ und betonte eine Verwaltung, die zum Wohle der Bürger arbeitete – ein Konzept, das in diametralem Gegensatz zu den totalitären Zielen des Nationalsozialismus stand.
Das Militär spielte zweifellos eine wichtige Rolle im preußischen Staat. Aber es diente nicht primär der Aggression, sondern der Sicherung der territorialen Integrität und der staatlichen Ordnung in einer Zeit, die von geopolitischen Instabilitäten geprägt war. Hier stellt sich die Frage: Staaten wie Russland, Großbritannien, Spanien, Schweden, Frankreich und nicht zuletzt Österreich unterhielten ebenfalls riesige Armeen, oft größer und aggressiver als die Preußens. Warum spricht man nicht auch dort von „Militarismus“? Diese einseitige Wahrnehmung zeigt, dass der Begriff häufig als ideologisches Konstrukt verwendet wird, um Preußen zu diskreditieren.
Preußische Reformen und Liberalismus
Insbesondere nach den Napoleonischen Kriegen wurde Preußen zu einem Vorreiter umfassender Reformen. Karl Freiherr vom Stein und Karl August von Hardenberg setzten entscheidende Reformen um, die die Ständegesellschaft aufbrachen, Leibeigenschaft abschafften und die Grundlagen für einen modernen Verwaltungsstaat legten. Auch das Bildungssystem, mit der Einführung der allgemeinen Schulpflicht und der Humboldtschen Bildungsreformen, wurde ein Modell für viele andere Länder.
Im 19. Jahrhundert war Preußen oft ein Garant von Stabilität in einem Europa, das von nationalistischen und revolutionären Umbrüchen erschüttert wurde. Es war zudem ein Staat, der trotz seiner militärischen Stärke einen rationalen und ausgewogenen Kurs in der Außenpolitik verfolgte. Dies unterscheidet es deutlich von den expansiven und aggressiven Politiken, wie sie etwa Frankreich unter Napoleon oder später das Dritte Reich verfolgten.
Preußen und der Nationalsozialismus
Die Nationalsozialisten hatten keinerlei Verbindung zu den Werten oder der Tradition Preußens. Ganz im Gegenteil: Adolf Hitler hegte eine tiefe Abneigung gegen den preußischen Adel und die Offizierselite, die er als zu individualistisch und als Hindernis für seine zentralistische und ideologisch geprägte Herrschaft betrachtete. Viele preußische Offiziere, wie Claus Schenk Graf von Stauffenberg und Henning von Tresckow, wurden später Teil des Widerstands gegen Hitler und zahlten dafür mit ihrem Leben.
Die Instrumentalisierung des Begriffs „Militarismus“ zur Diffamierung Preußens wird besonders unverständlich, wenn man bedenkt, dass im nationalsozialistischen Deutschland das preußische Erbe in vielerlei Hinsicht entwertet oder ignoriert wurde.
Warum wird Preußen dann in der Geschichtsschreibung weiterhin für eine Ideologie verantwortlich gemacht, die in direktem Widerspruch zu seinen Werten stand?
Zusammenfassend
Preußen war ein Staat, der durch Rationalität, Rechtsstaatlichkeit und Fortschritt geprägt war. Es förderte eine aufgeklärte Verwaltungsstruktur und setzte Maßstäbe in Bildung und Wissenschaft. Die Verbindung Preußens mit dem Nationalsozialismus ist daher nicht nur historisch falsch, sondern verkennt auch die tiefen Gegensätze zwischen beiden. Während Preußen für Ordnung, Fortschritt und Toleranz stand, war der Nationalsozialismus geprägt von Chaos, Rassismus und ideologischem Fanatismus.
Die pauschale Verurteilung Preußens als militaristisch und autoritär blendet die Errungenschaften dieses Staates aus und dient lediglich als unreflektiertes Feindbild. Im Vergleich zu anderen europäischen Mächten mit ebenso großen oder gar größeren militärischen Apparaten, wie Russland, Großbritannien oder Frankreich, stellt sich die Frage, warum ausgerechnet Preußen als Synonym für Militarismus herhalten muss. Eine differenzierte Betrachtung zeigt, dass diese Zuschreibung weder fair noch historisch gerechtfertigt ist.